Was ist ein guter Wein und wieviel darf er kosten?
Nachdem wir uns im September 2013 von der Qualität serbischer Weine überzeugen konnten, galt es nun die spannendsten Weine für unser Projekt auszuwählen. Dazu hatten wir Weinliebhaber, Einsteiger und Experten, Freunde und Familie, zur Verkostung einer unvollständigen Liste an serbischen Weinen eingeladen. Insgesamt wurden 14 Weine verkostet. Einer davon war ein Pirat, ein 2ième Cru Bordeux Wein der aktuell laut winesearcher.com rund 39.- Euro kostet. Fairerweise müssen wir hinzufügen, dass 39.- Euro ein stolzer Preis für diesen Wein aus dem Bordeaux ist. Sicherlich ein Wein aus einem großen Anbaugebiet aber mit Luft nach oben (für 17 von 20 Vinum Punkten hat es dennoch gereicht). Für eine absolute Granate als Piraten unter den serbischen Weinen hatten wir wohl einfach ein bisschen zuviel Angst davor, dass ein solcher Wein eindeutig als Bester tituliert geworden wäre und Zweifel über die Chancen serbischer Weine aufgekommen wären.
“Insgesamt wurden 14 Weine verkostet. Einer davon war ein Pirat, ein 2ième Cru Bordeux Wein der aktuell laut winesearcher.com rund 39.- Euro kostet.”
Die Weine wurden alle nach den üblichen Kriterien Farbe, Geruch und Geschmack beschrieben und anschließend in einer vereinfachten Gesamtwertung nach den Werten 1 (ungeniessbar) bis 5 (absoluter Spitzenwein) bewertet. Darüber hinaus haben wir uns erlaubt die Frage zu stellen, wie viel man bereit wäre, für den jeweiligen Wein zu zahlen. Zwei Weine waren herausragend: Braca Rajković 33 2010 und Aleksandrović, Rodoslov Grand Reserve 2009. Der Pirat Durfort-Vivens 2006 landete gemeinsam mit einer Reihe weiterer Weine im Mittelfeld:
Wichtiger als dieses Ergebnis waren für uns jedoch zwei Beobachtungen, die wir mit euch teilen möchten:
1. Ist Geschmack reine Sozialisation?
Da wir mit unseren serbischen Weinen sowohl Weinkenner als auch Weinneulinge ansprechen wollen, haben wir die Weine sowohl von Experten als auch von Einsteigern probieren lassen. Ein Blick auf die Verkostungsnotizen spricht eine deutliche Sprache. Die Weinkenner waren sich über die besten Weine einig und das Ergebnis deckte sich mit Ausnahme des Bordeaux-Weins auch relativ gut mit den Preisen. Die Weinneulinge jedoch beschrieben genau einige dieser hochwertigen Weine als verschlossen, irritierend oder gar ungenießbar und griffen lieber zu eindeutigen und fruchtigen Aromen. Was heißt das? Die goldene Regel lautet, dass jeder Weintrinker jenen Wein trinken soll, der ihm schmeckt. Und bei allen unterschiedlichen Geschmäckern scheint dabei die Erfahrung eine entscheidende Rolle zu spielen. Als Anfänger sind das zunächst vielleicht fruchtige und süßliche Aromen und ein geschmeidiger Abgang. Das kann man auch in anderen Bereichen beobachten: beispielsweise ist Traubenzucker für viele Kinder die größtmöglichen Geschmackssensationen während Rauch, Kaffee oder Spinat meist weniger Spass bedeuten. Guter Wein ist also nicht von Haus aus gut, sondern weil wir lernen was einen besonderen Wein ausmacht. Beliebig ist diese Form von Sozialisation aber nicht! Denn der regelmäßige Weintrinker weiss, immer der selbe Geschmack wird auf Dauer langweilig. Weine mit komplexeren Aromen in der Nase und einem vielschichtigen Mundgefühl müssen daher nicht jedem besser schmecken, aber auf Dauer machen sie einfach mehr Spass.
2. Wie viel darf ein Wein aus einem bestimmten Land kosten?
Die mit Respektabstand am Besten bewerteten Weine waren zwei serbische Weine. Das hat uns natürlich sehr gefreut. Anschließend haben wir uns genauer angeschaut, wie viel die Teilnehmer der Blindverkostung bereit waren, für die Weine zu zahlen. Der Höchstpreis lag bei € 12,50.-, für einen Wein, welcher als absolute Spitze beschrieben wurde. Nun lässt sich natürlich kaum darüber streiten, dass auch € 12,50 ein Preis ist, den die Mehrzahl an Weintrinkern niemals für eine Flasche Wein ausgeben werden (bei einem Durchschnittspreis von € 2,63 die der Deutsche Kunde für Wein ausgibt). Im Vergleich zu einer durchschnittlichen Flasche Bordeaux für € 39.- wäre der Preis jedoch ein unglaubliches Schnäppchen. Und die Weinkenner, die bei der Probe anwesend waren? Die wären auch bereit für eine besondere Flasche Wein einmal € 100.- oder noch mehr Geld auszugeben. Wie kommt also ein Preis von € 12,50 zustande? Hätten wir die verkosteten Weine als französische Weine angepriesen, ist es nicht Weit aus dem Fenster gelehnt anzunehmen, dass die Verkoster einen Preis von über € 40.- angesetzt hätten. Selbes gilt für eine Blindverkostung von Weinen aus Italien oder Kalifornien. Und für spanische Weine? Spanien ist bekannt für einige großartige Preis-/Leistungsweine, wahrscheinlich läge der Höchstpreis zwischen € 20.- bis 30.-. Und Serbien? Serbien muss sich seinen Höchstpreis noch erarbeiten, € 12,50.- für einen Spitzenwein aus Serbien sind kein fairer Preis. Während die Qualität vieler Weine schon stimmt, gilt es nun diese Qualität über Jahre zu bestätigen, in der Breite noch stärker aufgestellt zu sein und zu überzeugen, überzeugen und nochmal überzeugen…
Text: Lukas Ertl
Titelbild © Morgan Dawson
Kommentare sind geschlossen